So gelingt der ERP-Wechsel von On-premise in die Cloud
Ob junges Startup oder mittelständischer Betrieb: ERP-Systeme haben sich in der deutschen Wirtschaft vollständig etabliert. Je nach Anforderungen der Unternehmen werden die leistungsstarken IT-Systeme in unterschiedlicher Funktionstiefe und Konfiguration genutzt. Die Zufriedenheit mit den jeweiligen Installationen schwankt jedoch stark. Die Studie „ERP in der Praxis – Anwenderzufriedenheit, Nutzen und Perspektiven“ von trovarit fand in der aktuellen Ausgabe für die Jahre 2018/2019 heraus, dass ein klarer Zusammenhang zwischen der Nutzungstiefe der ERP-Software und der Zufriedenheit mit dieser besteht. Angefeuert durch die fortschreitende Digitalisierung und entsprechender Unzufriedenheit investieren Unternehmen vermehrt in die Aktualisierung ihrer kritischen Anwendungen. Hierbei steht nicht nur die Frage im Raum, ob ein ERP-Wechsel infrage kommt, sondern dieser wird oftmals von der Technologie bestimmt. Während On-premise-Systeme, also Anwendungen, die im Unternehmen selbst installiert und betrieben werden, auf dem Rückzug sind, optieren immer mehr KMUs zur Cloud. Wie ein ERP-Wechsel von einer selbstgehosteten ERP-Lösung auf ein Cloud ERP gelingt, beschreibt dieser Artikel.
1. Schritt beim ERP-Wechsel: Kennen Sie Ihre Anforderungen
Zu Beginn eines ERP-Projekts stehen die Anforderungen im Mittelpunkt aller Bemühungen. Es gilt ein ERP-Projekt-Team zu bilden, welches in einem ersten Schritt die tatsächlichen Anforderungen an das ERP-System zusammenträgt. Nur weil eine bisherige ERP-Lösung im Einsatz ist, bedeutet dies, wie obige Studie eindrucksvoll zeigt, nicht automatisch auch, dass diese vollständig eingesetzt wird von den Anwendern. Aus diesem Grund macht es Sinn mit der Entscheidung, das ERP-System zu wechseln bzw. zu erneuern, auch die bisherigen Unternehmensprozesse und Anforderungen vollständig zu erfassen. Im ERP-Projekt-Team sollte aus diesem Grund auch mindestens ein Anwender inkludiert sein, da dieser Beteiligte nicht nur wertvolle Insights zur tatsächlichen Nutzung beschreiben, sondern bei der Einführung ebenfalls als Multiplikator bzw. Botschafter dienen kann.
2. Schritt: Treffen Sie die korrekte Entscheidung beim ERP-Wechsel
Sind alle Anforderungen erfasst, gilt es das darauf passende ERP-System auszuwählen. Hierfür gilt es verschiedenste Faktoren zu beachten:
- Anpassbarkeit des ERP-Systems: Am Ende des Tages muss die neue ERP-Software die zentralen Anforderungen erfüllen. Analysieren Sie in diesem Zuge die Effizienz der bestehenden Prozesse und evaluieren Sie, auch mithilfe des jeweiligen ERP-Anbieters, welche alternativen Möglichkeiten bestehen und ob diese ggf. effizienter sind.
- Analyse der IT-Infrastruktur: Ist die Entscheidung für die Cloud als Technologie gefallen, profitieren Sie von den Vorteilen hinsichtlich des Einsparens einer eigenen IT-Infrastruktur – zumindest, solang Sie nicht noch weitere Applikationen On-premise betreiben. Wird ein kritisches IT-System wie das ERP in die Cloud migriert, ist es sinnvoll, sich ebenfalls die übrigen IT-Anwendungen vor diesem Hintergrund genauer anzusehen. Oftmals handelt es sich hierbei um weitere IT-Systeme wie CRM oder FiBu, welche durch ein integratives, ganzheitliches ERP-System aus der Cloud ebenfalls abgelöst werden können. Der ERP-Wechsel kann somit als Auslöser dafür dienen, von einer heterogenen IT-Infrastruktur auf eine integrative Basis zu wechseln.
- Compliance & Security: Wenn auf die Cloud gesetzt wird, darf dabei trotzdem die IT-Security nicht zu kurz kommen. Achten Sie darauf, dass Ihre kritische Business Anwendung in Deutschland gehostet wird und alle relevanten Datenschutz-Richtlinien eingehalten werden. Überprüfen Sie in diesem Zusammenhang den Dienstleistungsvertrag (Service-Level-Agreement, SLA) des ERP-Anbieters sowie den Auftragsverarbeitungsvertrag (AVV) hinsichtlich Server-Standort, den technisch organisatorischen Maßnahmen (TOMs) und der angebotenen Verfügbarkeit. Die Anforderungen der DSGVO sollten tunlichst erfüllt werden.
- Vertrauensvolles Verhältnis: Neben den vertraglichen und technischen Details darf nicht vergessen werden, dass Sie mit Ihrem ERP-Anbieter ein vertrauensvolles Verhältnis anstreben sollten. Achten Sie darauf, dass Sie auf Augenhöhe kommunizieren und Ihre Anfragen ernst genommen werden.
3. Schritt: Aufsetzen des Cloud ERP-Systems
Ist die Entscheidung zum ERP-Wechsel gefallen und ein Anbieter ausgewählt worden, sollte das cloudbasierte ERP-System aufgesetzt und eingerichtet werden. Das ERP-Projekt-Team sollte bei diesem Schritt sicherstellen, dass alle Unternehmensprozesse entsprechend abgebildet werden und dies vor der Übergabe mit einer Übergabe-Checkliste überprüfen. Anschließend gilt es, dass alle relevanten Daten migriert und in den Systemen abgeglichen werden. Hierfür ist es empfehlenswert, dass eine API beim neuen ERP-System zur Verfügung steht. Sind die Daten der Systeme nicht kompatibel, so kann eine Middleware, also eine Software zum Datenaustausch, eingesetzt werden, die die unterschiedlichen Datenformate kongruent gestaltet. Fehlerhafte Datensätze, Dubletten und mangelhafte Zuordnungen können hier korrigiert werden. Entstehen Diskrepanzen in den ERP-Lösungen, so gilt zu überprüfen, wie diese zustande kommen und die Fehler zu beheben. Es gilt einen identischen Stand in beiden Anwendungen zu realisieren.
4. Schritt: Parallelbetrieb beim ERP-Wechsel
Sind beide ERP-Systeme auf aktuellem Stand, so sollte eine gewisse Periode des Parallelbetriebs stattfinden, um etwaige Schwachstellen zu identifizieren. Darüber hinaus entsteht so die Möglichkeit die Anwender effektiv zu schulen und die Arbeit mit dem neuen ERP-System zu überprüfen. Feedback der Anwender kann noch zu diesem Zeitpunkt eingepflegt werden. Ansonsten ist es sinnvoll, dass die Prozesse detailliert festgehalten und allen Anwendern zu Schulungszwecken zur Verfügung gestellt werden.
5.Schritt: Abschluss des ERP-Wechsels
Sind die Anwender geschult und die Phase des Parallelbetriebs erfolgreich gewesen, kann der Go-Live der neuen ERP-Software geplant werden. Nach erfolgreichem ERP-Wechsel gilt es nun, zu entscheiden, was mit der bestehenden IT-Infrastruktur passiert. In der Regel kann diese nach vollzogener Migration deaktiviert werden. Um eine möglichst hohe Akzeptanz des Neu-Systems zu erhalten, darf das Change-Management in dieser Phase nicht vernachlässigt werden. Regelmäßige Schulungen, ein Botschafter-Programm und ähnliche Aktionen können dabei unterstützen, dass dem alten ERP-System nicht länger nachgetrauert wird.
Durch die Digitalisierung werden Unternehmen mit zahlreichen neuen Herausforderungen konfrontiert. Um hier flexibel agieren zu können, benötigt es eine zukunftsfähige Software-Basis, mit der auch zukünftige Anforderungen abgebildet werden können. Achten Sie daher darauf, dass Sie rechtzeitig einen ERP-Wechsel durchführen, wenn Ihre bestehende ERP-Lösung nicht mehr mit Ihren Anforderungen Schritt hält.