Qualitätsmanagement: Lot bzw. Chargenverwaltung im ERP
Nicht nur die diversen Lebensmittelskandale haben das Thema Qualitätsmanagement und Chargenverwaltung wieder stärker in den Blickpunkt gerückt. Konsumenten werden immer kritischer in Bezug auf Herkunft und Inhalt von Lebensmitteln sowie anderen Konsumgütern. Daher legen immer mehr Unternehmen der Prozessindustrie eine erhöhte Aufmerksamkeit auf ihr Qualitätsmanagement und ihre Lot- und Chargenverwaltung. Mit ERP können alle grundlegenden betrieblichen Prozesse eines Unternehmens in den Bereichen Vertrieb, Verkauf und Lagerwirtschaft unterstützt und abgebildet werden.
Verfolgung von Chargen von der Wareneingangskontrolle bis zur Produktion
Aufgrund des globalen Wettbewerbs stehen Unternehmen in der Prozessindustrie - wie beispielsweise dem Handel und der Produktion von Nahrungsmitteln/Getränken, Chemie oder Farben und Lacke - ständig unter Druck. Sie müssen stets die Produktions- und Betriebskosten senken, dabei aber gleichzeitig eine hohe Qualität ihrer Produkte sichern. Dies erfordert eine Erhöhung der Effizienz in sämtlichen Produktionsabläufen und eine dementsprechende Prozessoptimierung. Hierzu trägt ein ERP-System massgeblich bei. Aufgrund technischer Innovationen und Veränderungen im Verhalten der Verbraucher sind Unternehmen dazu gezwungen, die Zeit bis zum Verkauf ihrer Produkte möglichst kurz zu halten. Der intensive Preisdruck und steigende Lagerkosten verschärfen die Situation auch noch zusätzlich.
Der Wareneingang ist der Kernprozess des Lagers. Er ist eine wichtige Schnittstelle zwischen interner und externer Logistik und dient dem kontrollierten Warenbestandsaufbau. Je nach Art des Lagers unterscheidet sich der Wareneingangsprozess. Das hängt unter anderem von dem zu lagernden Gut, dessen Menge, Volumen und Gewicht, sowie den räumlichen Gegebenheiten ab. Der Wareneingangsbeleg enthält alle relevanten Daten der Anlieferung und korrespondiert daher eng mit dem ERP-System. Dank einer ERP-Lösung in der Cloud, die diese Daten digital erfassen kann, sind die Entscheider stets in der Lage, alle erforderlichen Unterlagen auch von unterwegs einzusehen und zu kontrollieren. Dazu gehören neben der Anlieferungsbenachrichtigung auch noch eine Fülle vorauseilender Informationen, die online eingesehen werden können: vorgelagerte Transport- und Entladeprozesse, nachgelagerte Zähl-, Verpackungs- und Prüfprozesse bis hin zur endgültigen Einlagerung.
Während des Produktionsprozesses überwachen und steuern Inprozesskontrollen den Verlauf. Sie gewährleisten, dass das Zwischenprodukt und Halbfabrikat seiner Spezifikation entspricht. Dazu gehört auch die Überwachung der Ausrüstung und Umgebung. Im Gegensatz zur pharmazeutischen Inprozesskontrolle, wo diese als prozessinterne Qualitätskontrolle verwendet wird, dient die statistische Prozesskontrolle dem Qualitätsmanagement zur Nachweiserbringung eines korrekten Produktionsprozesses.
Verwaltung der Lagerbestände und lückenlose Rückverfolgung der Chargen
War es früher für Unternehmen der Prozessindustrie ausschliesslich wichtig, eine hohe Qualität der Produkte und eine gute Wirtschaftlichkeit bei deren Herstellung zu erzielen, so rückt heute durch den zunehmenden Konkurrenzdruck auch noch die Logistik in den Vordergrund. Wichtige Elemente sind:
- Eine hohe Lieferqualität
- Kurze Lieferzeiten
- Eine hohe Flexibilität in der Lieferung
- Informationen über die Lagerbestände
- Lückenlose Rückverfolgung der Chargen
- Frei konfigurierbare Lagerstrukturen (Lagerorte und –Bereich, Fachgrössen usw.)
- Verwaltung der unterschiedlichsten Bestandsarten (freie, reservierte und gesperrte Bestände sowie Transportbestände)
- Ein- und Auslagerungsstrategien
- Optimierung der Reihenfolge durch frei festlegbare Kommissionierung
- Optimierung der Entnahmensfolge
- Steuerung von Nachschub sowie von Puffern für die Produktionsmaterialien
- Anbindung an Systemen von Transporteuren
Für eine effiziente Lagerhaltung ist daher nicht nur die Organisation massgeblich, sondern es sind auch die richtigen Werkzeuge hierzu erforderlich. Dazu gehört die ERP-Software, die den Ablauf im Lager und Produktionsbereich analysiert, optimiert, plant, steuert, lückenlos dokumentiert und nachverfolgt. Da jedes Lager anders ist, muss die ERP-Software in der Lage sein, sehr viele Anforderungen abzudecken. Zu den entscheidenden Bestandteilen einer ERP-Lösung gehört auch die Möglichkeit, sämtliche Einsatzstoffe in allen Produktionsschritten und Verarbeitungs- sowie Vertriebsstufen rückverfolgen zu können und ein dafür geeignetes Krisenmanagement-System zu etablieren.
Da die Chargenmerkmale so komplex sind und auch das Thema Mindesthaltbarkeit unbedingt zu beachten ist, ist für Unternehmen der Prozessindustrie eine umfangreiche Chargenverwaltung erforderlich, die jederzeit eine Rückverfolgung gewährleistet. In sämtlichen Prozessen müssen die Chargen und deren Merkmale Berücksichtigung finden, wie etwa im Wareneingang oder in der Kommissionierung. Ein ERP-System verarbeitet Chargenvorgaben oder ermittelt Chargen durch entsprechende Suchstrategien. Auch moderne ERP-Systeme in der Cloud verfügen über ein umfangreiches Chargenmanagement, welches von nahezu allen Endgeräten und von überall aufgerufen werden kann.
Rückrufaktionen, Qualitätszertifikate und Produktspezifikationen mit ERP-System planen
In der Prozessindustrie muss auf mehreren Ebenen mit Serien- und Chargennummern, Produktversionen und Herstell- sowie Verfalldaten umgegangen werden. Dabei spielen eine gute Rückverfolgbarkeit, eine optimale Reklamationsabwicklung und die Einhaltung aller übrigen marktrelevanten Compliance-Anforderungen eine grosse Rolle. Daher muss das ERP-System diverse Gesetzes-Anforderungen erfüllen. Sollte es einmal erforderlich sein, muss eine Rückrufaktion schnell und ohne eine manuelle Recherche in Lieferpapieren abgewickelt werden können.
Die Prozessindustrie erstellt hochwertige Produkte – was liegt da näher, als auch den eigenen Kunden die Qualität der Waren zu bestätigen. Dafür erfüllt das Qualitätszeugnis sämtliche Anforderungen – egal ob als Analysezertifikat in der Chemieindustrie, als Prüfzeugnis, Konformitätszertifikat oder Werksprüfzeugnis. Dabei ist es möglich, den Inhalt und das Layout selbst in einer Zertifikatsvorlage zu definieren. In dieser Vorlage werden die Merkmale der Datenherkunft festgelegt und für jedes Zeugnis können spezielle Merkmale im Test festgelegt werden, wie zum Beispiel Werte aus Vorgaben oder Prüfungen oder Texte über die jeweiligen Prüfmethoden.
Das ERP zieht sich die Daten automatisch aus den Chargenspezifikationen oder den Stammsätzen. Für diese Aufbereitung der Daten werden ausschliesslich die Datensätze berücksichtigt, die die zuvor festgelegten Selektionskriterien erfüllen. Die Qualitätsprüfzeugnisse beziehen sich auf Chargenklassifizierungen; weitere Merkmale können auch aus anderen Quellen stammen. Sobald beim Wareneingang ein Produkt als zeugnispflichtig gekennzeichnet wurde, muss der Wareneingang bestätigen, dass das Qualitätszeugnis für den Wareneingang oder für die Bestellung tatsächlich eingegangen ist. Beim späteren Versand werden dann die Qualitätszeugnisse automatisch zu den Lieferpositionen ausgestellt. Zeugnisse können aber auch chargen- oder lieferabhängig selbst abgerufen werden.
In der Lebensmittelbranche sind Produktspezifikationen in vielen Unternehmen ein integraler Bestandteil des Qualitätsmanagements. Sie geben Auskunft über alle erforderlichen und wichtigen Daten hinsichtlich technischer und funktionaler Aspekte. Sie sind somit ein kritischer Qualitätsstandard, der vom Hersteller festgelegt und vom Kunden akzeptiert wurde. Abhängig vom Produkt müssen hierfür unterschiedliche Informationen durch die ERP-Software bereitgestellt werden. Darunter:
- Nährwerte
- logistische Daten
- Allergene
- Haltbarkeit
- mikrobiologische Belastungen
- Rückstände
- Sensorik
- Zubereitung
- chemische Daten
- Eignung bzw. Verwendung
- Zutaten
Diese Produktspezifikationen können mithilfe von einem ERP erstellt, verwaltet, gedruckt und archiviert werden. Hierfür verwaltet das ERP-System bereits im Artikelstamm alle erforderlichen Daten, die dann später nur noch in die Produktspezifikation übernommen werden. Je nach Artikel kann der Anwender diese Spezifikation individuell festlegen und in verschiedene Gruppen gliedern. Somit unterstützt die Produktspezifikation das Qualitätsmanagement und reduziert den bislang erforderlichen Verwaltungsaufwand signifikant.