Wird die Cloud erwachsen?
Gerade wenn man in einem Unternehmen wie myfactory arbeitet, wo die „Cloud“ ja quasi zum täglichen Leben dazugehört, mache ich mir doch auch mal Gedanken darüber, was ist das eigentlich, diese „Cloud“ über die mittlerweile jeder redet?Damit ich nicht völligen Unsinn schreibe habe ich natürlich Wikipedia zu diesem Thema bemüht, mir diesen langen Artikel durchgelesen und gedacht…, ne, das war anders. Einzig den Satz „2009 veröffentlichte das National Institute of Standards and Technology (NIST) eine Definition,[3] die auf weitgehende Akzeptanz stieß und unterschiedliche Definitionsansätze bündelt“ blieb im Gedächtnis. Dieser Satz spiegelt genau das wieder, was ich – ganz persönlich – damals empfunden habe. Mit damals meine ich die Zeit vor 2009. Ganz ehrlich haben Sie vor 2009 von der „Cloud“ gesprochen? Ich erinnere mich an eine Szene, da saß ich mit meiner Frau auf dem Sofa und es lief ein Werbespot der Telekom (Kommen Sie in die Cloud, oder ähnlich). Meine Frau fragt da ganz unschuldig „Sag mal, du kennst dich doch da aus, was meinen die mit Cloud eigentlich?“, ich zuckte die Schultern und sagte „Ach, früher hat man mal Internet dazu gesagt.“Die „Cloud“ früherLassen wir unsere Gedanken noch etwas weiter zurückschweifen, kennen Sie noch BTX? Das war damals so die erste „Cloud“ mit der ich zu tun hatte, plötzlich gab es diese große Freiheit seine Überweisung auch mal Abends machen zu können und kennen Sie noch das „Piep, piep chrrrrr tülülülü“-Geräusch des guten alten Modems? Bei mir werkelte ein 14.4 kb Modem, das hing natürlich an einem Gebührenzähler, denn jede Minute kostete Geld – nicht für den Dienst, nein für die Verbindung, Kosten für den Dienst kamen on top. Zu dieser Zeit stöberte ich auch gerne mal in den „Mailboxen“ herum, was war das eigentlich noch gleich? Man wählte sich in eine Mailbox (über eine Telefonnummer) ein und hatte dann Zugriff auf die dort liegenden Daten, aber Achtung, zu weit weg durfte die Mailbox nicht sein, denn alles was außerhalb des Ortstarifes lag wurde teuer (siehe Gebührenzähler). Schließlich war es dann soweit, jetzt muss ich mich regelrecht outen, AOL kam nach Deutschland und machte – zumindest bei mir – das Internet „gesellschaftsfähig“. Klar, monatliche Gebühr für AOL, Verbindungspreise die heutige Mobilfunktarife übertreffen, da durften noch keine großen Daten übertragen werden, automatische Verbindungstrennung hieß das Zauberwort. Dann gab es die ersten Flat-Angebote, die Übertragungsmöglichkeiten wurden immer schneller, letztendlich konnte ich den Gebührenzähler abklemmen und einpacken. Nach dem nun nicht mehr der Gebührenzähler im Kopf dahintickerte gab es auch andere interessante Möglichkeiten, da konnte man dann schon mal über Nacht diese 50 MB große Demoversion von einem Spiel herunterladen. Wie man in dieser Entwicklung sehr gut erkennt, steht und fällt die Verbreitung der „Cloud“ mit der gebotenen Übertragungstechnik. Die Verbindungen wurden schneller und schneller, dann konnte man Videos über das Internet schauen, Live-Streams sehen, und auf einmal ergab die Datensicherung „in der Cloud“ auch Sinn, auch wenn immer noch niemand von einer Cloud sprach. Es bildeten sich neue Angebote wie ASP (Application Service Providing), diese wurden dann durch SaaS (Software as a Service) abgelöst und dann plötzlich fingen alle an von der „Cloud“ zu reden. So richtig definiert war da noch nichts, da kämpfte noch die Marketingsicht und die technische Sicht miteinander.Die „Cloud“ heuteSchreiben Sie doch jetzt mal spontan 5 Punkte auf, die Ihnen zu der heutigen „Cloud“ einfallen. Sie werden sehen, heute weiß jeder etwas dazu. Schnelles Internet gibt es heute fast flächendeckend (auch wenn die Anbieter gerne behaupten alles abzudecken), die Qualität der Verbindung ist zu einer echten Standortfrage geworden. Videotelefonie über Skype, sei es privat oder geschäftlich sowie Präsentationen und Support per Bildschirmübertragung kosten Bandbreite. Auch möchte heute keiner mehr 2 Tage auf die CD vom Grafiker warten, sondern er schickt die PSD-Daten über das Web. Im Moment entdecken immer mehr Softwareanbieter auch die „Cloud“ für sich, bei einigen als DRM-Möglichkeit (Office 365, Adobe Cloud) aber auch immer mehr mit „echten“ Cloud-Anwendungen, also Anwendungen, die nicht mehr installiert werden müssen sondern direkt vom Anbieter abgerufen werden können. Manche Unternehmen verlagern durch Desktop-Virtualisierung ganze „Arbeitsplätze“ in die Cloud. All dies benötigt mächtig Bandbreite. Aber je besser die technische Möglichkeiten werden, umso „hungriger“ werden auch die Anwendungen. Vergleichen lässt sich dies deutlich mit der Computerspielentwicklung. Zu Zeiten des C64 gab es bekannte und festdefinierte Ressourcen, die Entwickler mussten Code optimieren um wirklich das beste und letzte aus dem Gerät herauszuholen. Heute wird etwas sorgloser entwickelt, muss sich der Spieler halt eine bessere Grafikkarte zulegen, mehr Speicher holen oder auf den besseren Prozessor upgraden. Ähnlich im Web, nicht selten findet man auf Webseiten eine Bannergrafik die mehrere MB umfasst. Laden Sie diese Website mal im DSL-Diaspora… Also auch trotz großer Bandbreiten darf man nicht die Besucher mit schlechter Internetverbindung oder mobiler Internetverbindung vergessen. Aber die Einsatzmöglichkeiten der „Cloud“ sind geradezu explodiert, Backups, Anwendungen, private Daten, Synchronisation Desktop und mobile Geräte, Konsum von Filmen, Videos, Bildern, alles läuft heute fast wie selbstverständlich über die Cloud.Die „Cloud“ morgenWie bei allen neuen Begrifflichkeiten bzw. Techniken wird der Hype gerne auch genutzt und über den eigentlichen Bereich hinaus gespannt. Da ist die Rede dann von „Cloudworker“, einige sehen, dass sich unsere gesamte Arbeitskultur verändern wird. Wird wirklich nicht mehr der „Beste“ für eine Aufgabe geholt sondern der, der am billigsten ist oder der mit dem besten „Google-Ranking“? Besteht möglicherweise die Gefahr das Unternehmen alle Arbeitskräfte outsourcen, sprich Freiberufler beschäftigen, die irgendwo in der „Cloud“ sitzen? Ich denke nicht. Bei zahlreichen Berufen ist es technisch gar nicht möglich, den neuen BMW kann ich nun mal nicht in Heimarbeit zusammenbauen lassen und auch im „kreativen“ oder kaufmännischen Bereich ist es immer noch ein „People-Business“, ich möchte meine Leute kennen, die berühmte Chemie spielt immer noch eine wichtige Rolle und ich denke das wird sich auch so schnell nicht ändern, technische Möglichkeit hin oder her. Warum? Weil wir Menschen einfach so sind, wir möchten „wissen“ mit wem wir arbeiten, möchten wissen, ob wir auf einer „Wellenlänge“ sind. Gleichwohl glaube ich, dass die neuen technischen Möglichkeiten die Arbeitswelt beeinflussen können. So habe ich z. B. mit einem Ex-Kollegen gesprochen, der zu IBM (bzw. jetzt Lenovo) wechselte. Dort hatte niemand mehr einen festen Arbeitsplatz (jetzt im Sinne von einem Schreibtisch und einem Stuhl). Wer morgens kam, nahm sich seinen Rollcontainer und ging zu einem beliebigen freien Schreibtisch. Homeoffice gehörte dort zur Unternehmenskultur, wären alle an einem Tag gekommen… nun, es wäre eng gewesen. Also bieten Videochat, Cloud-Software, etc. die Möglichkeit problemlos von zu Hause zu arbeiten. Hier kommt aber auch ein Problem in unsern Köpfen auf uns zu. Traut der Chef mir, wenn ich zu Hause arbeite? Muss ich dann meine Arbeit nicht noch viel mehr „belegen“? Bekomme ich es hin, dass meine Familie mich arbeiten lässt? Homeoffice bedeutet also auch immer Organisation und Vertrauen. Aber auch hier sollte man unter all den theoretischen Konstrukten nicht den menschlichen Faktor vergessen, ich gehe gerne ins Büro, ich rede gerne mit meinen Kollegen. Vermutlich macht es auch hier der Mix, gibt es einen dringenden Grund (z. B. Bahnstreik) ist es einfach gut auf diese Möglichkeit zurückgreifen zu können, aber 5 Tage „Einzelhaft“? Bei „Precht“ (eine Sendung im ZDF) ging es unlängst genau um dieses Thema, zu Gast war Sascha Lobo. Als Beispiel wurde genannt, das der Heizungsmonteur ja in Zukunft bei einem Schaden nicht mehr vorbeikommen muss, sondern alles „über die Cloud“ machen könnte und als Folge davon ja der gesamte Beruf sich ändern müsste. Ja, geht’s noch? Wenn mein Heizungsrohr tropft, tropft es, da hilft es mir auch nichts, dass die „clevere“ Heizung über das Internet die Diagnose liefert „Wasserdruck fällt“. Da brauche ich einen Menschen der das Leck sucht und repariert. Also schauen wir gelassen was die Cloud uns noch so alles bringt, nutzen wir die Möglichkeiten zu unserem Vorteil und pauschalisieren wir nicht gleich alles. Das Handwerk wird durch die Cloud nicht aussterben in anderen Bereichen wird sich möglicherweise die Arbeitsweise verändern – aber immer wird es ein People-Business bleiben, weil wir Menschen einfach so sind.Was waren jetzt eigentlich Ihre 5 Punkte, und wie sehen Sie die Zukunft? Über einen Kommentar freue ich mich.