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Wie Handelsunternehmen ihre Warenwirtschaft organisieren

Wie Handelsunternehmen ihre Warenwirtschaft organisieren

 

Eine der wichtigsten Regeln im Handel besagt, dass Handelsunternehmen ihre Produkte über dem Einkaufspreis veräußern müssen, um profitabel zu wirtschaften. In diesem Zusammenhang wird immer wieder von der Marge gesprochen. Eine betriebswirtschaftliche Kennzahl ist hierfür die sogenannte Bruttogewinnspanne. Ermittelt wird diese aus dem Nettoverkaufserlös abzüglich des Einstandspreises, also dem Einkaufs- bzw. Bezugspreis einer Ware. Werden hiervon noch die Aufwendungen für Personal, Lagerfläche, Raummiete und Abschreibungen (z.B. auf Maschinen) abgezogen, betriebswirtschaftlich sind dies die Selbstkosten, wird die Nettogewinnspanne ermittelt. Und diese Nettogewinnspanne gerät immer mehr unter Druck. Während die Bruttogewinnspanne bei Handelswaren sich beispielsweise zwischen den Jahren 2005 bis 2018 nur minimal änderte, sorgen steigende Selbstkosten und gesteigerter Wettbewerb für eine geringere Nettogewinnspanne. Grund genug für Handelsunternehmen, um ihre Warenwirtschaft so effizient wie möglich zu organisieren, um trotzdem noch genügend Gewinn mit der Unternehmung zu erzielen. Wie die Handelsunternehmen ihre Warenwirtschaft deswegen heutzutage organisieren, zeigt dieser Artikel auf. 

 

Warenwirtschaft fördert abteilungsübergreifende Zusammenarbeit 

 

Ziel der Warenwirtschaft ist es, dass alle Warenströme und damit einhergehenden Geschäftsprozesse im Unternehmen visualisiert werden. Hierzu kann entweder anhand der Customer Journey oder der Unternehmensabteilungen vorgegangen werden. Ein typischer Prozess sieht dabei wie folgt aus: Der Einkauf im Betrieb erwirbt die zu verkaufenden Produkte (Wareneingang), die von der Logistik geliefert und anschließend im Lager eingelagert werden. Bei einem Bestelleingang erfolgt eine Auftragserstellung mit dem Versenden einer Auftragsbestätigung und einer entsprechenden Rechnung. Anschließend wird die bestellte Ware aus dem Lager vom Logistiker zum Kunden transportiert und der Zahlungseingang verbucht.  

 

Die Organisationseinheit der Disposition sorgt bei dieser abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit dafür, dass die benötigten Waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind und die gesamte Organisation möglichst effizient arbeitet. Dem Disponenten wird dabei im Betrieb eine zentrale Rolle zugestanden, denn die betriebliche Ressourcenplanung ist essenziell für den Unternehmenserfolg. Längst wird der Disponent bei diesem Prozess durch eine automatisierte Disposition unterstützt. Durch eine ständige Bestandsanalyse mit Prognosen über zukünftige Bestandsveränderungen kann der Kontakt zu Lieferanten optimal ausgestaltet werden; automatisierte Bestellprozesse sorgen dafür, dass eine kontinuierliche Versorgung mit Verbrauchsgütern stattfindet. 

 

Auch wenn sich im engeren Sinne die Warenwirtschaft primär um diese Aspekte kümmert, können auch weitere Unternehmensbereiche wie Marketing, Finanzbuchhaltung und Controlling einbezogen werden. Zur Unterstützung all dieser Unternehmensbereiche kommt in der Regel ein Enterprise Ressource Planning System (kurz: ERP) zum Einsatz.  

 

Mit dem ERP die Warenwirtschaft im Griff behalten 

 

Kernstück einer ERP-Software ist die Verwaltung aller Stamm- und Bewegungsdaten im Unternehmen. Darüber hinaus kann das System nicht nur alle Daten hinsichtlich der Kunden verwalten, ebenfalls werden alle Informationen der Lieferanten erfasst und gespeichert. Beim Wareneinkauf können somit zügig die benötigten Waren anhand vorhandener Produkt- und Stücklisten sowie Konditionen geordert werden. Wer entsprechende Belegentwürfe nutzt, kann den Einkaufsprozess weiterhin beschleunigen. Die gesamte Verkaufsabwicklung findet ebenfalls im ERP statt. Angebote, Aufträge, Auftragsbestätigungen, Lieferscheine und Rechnungen sind die hier relevanten Belege, die vom ERP-System erstellt werden können. Eine weitere Stärke liegt in der Verwaltung des Artikelstammes sowie der Lagerhaltung. Je nach Lagermanagement sollte eine typische Lagerbestandsführung via LiFo, FiFo oder HiFo durchgeführt werden. Bei Handelsunternehmen ist insbesondere die Verwaltung von Serien und Chargen herausfordernd, vor allem in der Nachhaltung von Garantieansprüchen der Kunden. Ein ERP-System kann ebenfalls dabei unterstützen, nachzuvollziehen, welche Serien bzw. Chargen wann erhalten und an wen ausgeliefert wurden. In der Folge ist es nicht verwunderlich, dass kaum ein Handelsunternehmen noch auf den Einsatz eines ERP-Systems verzichtet.

 

Mit der Cloud dem Einkauf Flügel verschaffen 

 

Die Einleitung hat gezeigt, dass sich die Bruttogewinnspanne am Beispiel der Handelswaren kaum verändert hat. Dies liegt unter anderem darin begründet, dass das Geschäft in dieser Branche als margenstark gilt. Im Beschaffungsmanagement gilt jedoch nach wie vor: „Das Geld liegt im Einkauf!“ Daher kommt es bei Handelsunternehmen vor, dass Konditionen, Menge und Art von zu beschaffenden Produkten direkt beim Lieferanten vor Ort ausgehandelt werden. Setzt das Handelsunternehmen auf ein Cloud ERP hat der Handelsvertreter vor Ort bereits die Möglichkeit, die Bestellung ins System zu übertragen und die Konditionen zu hinterlegen sowie den aktuellen Warenbestand einzusehen. Dies erhöht die Schnelligkeit und lässt flexiblere Möglichkeiten bei der Beschaffung zu. Dies gilt ebenso beim Verkauf durch Vertreter. Hier kann der Handelsvertreter den Kauf direkt rechtsgültig beim Kunden ins ERP-System eintragen und digital signieren lassen. Die Abrechnung der Vertreterprovisionen sollte ebenfalls durch das ERP abgewickelt werden. Sollen die Produkte durch das Internet vertrieben werden, bietet es sich an ein Cloud ERP mit inkludiertem Onlineshop einzuführen, sodass keine Medienbrüche entstehen oder mit unzuverlässigen Schnittstellen gearbeitet werden muss. 

 

Selbstkosten sparen durch optimierte Lieferketten 

 

Die Mietpreise für Lager- und Logistikflächen sind die letzten Jahre konstant gestiegen. Damit einher ging eine deutliche Steigerung der Grunderwerbskosten, um eigene Lager- und Logistikflächen zu bauen. Die Lagerhaltungskosten, also die Aufwände, um Lagerkapazitäten zur Verfügung zu stellen, zählen damit zu den größten Kostentreibern bei Handelsunternehmen. Die Bestrebung muss daher dazu übergehen, mit möglichst geringen Lagerhaltungskosten das Geschäft zu betreiben. Angetrieben durch die Digitalisierung hat das Streckengeschäft an Bedeutung gewonnen. Statt Ware im eigenen Lager zu verwalten und von dort an den Kunden zu versenden, werden die bestellten Produkte beim Dropshipping direkt von spezialisierten Spediteuren oder vom Lieferanten selbst an den Endkunden versandt. Dies ermöglicht ein Umdenken weg von Handelssystemen mit Zentrallager und Filialen hin zu einer kundenzentrierten Rolle der Standorte. Fällt der Teil der Lagerhaltung und Logistik nämlich weg, bleibt mehr Zeit dafür, den Kunden zu beraten und die Produkte zu vertreiben. Es kommt in diesem Zusammenhang natürlich auf die jeweilige Struktur des Handelsunternehmens an, jedoch lassen sich Selbstkosten insbesondere durch optimierte Lieferketten einsparen. Das ERP-System avanciert in diesem Zusammenhang oftmals als Innovationstreiber, da moderne Plattformen nicht nur weitere Einkaufs- und Absatzkanäle möglich machen, sondern ebenfalls die automatisierte Beschaffung und das Streckengeschäft unterstützen. So sorgt eine moderne ERP-Software dafür, dass Handelsunternehmen die Warenwirtschaft optimal unter Kontrolle haben.